Regina Scheer: "Gott wohnt im Wedding"

Mit "Machandel" wurde sie bekannt, jetzt legt Regina Scheer nach.

 

"Gott wohnt im Wedding" heißt der neue Roman der gebürtigen Ost-Berlinerin und erschien gerade im Penguin-Verlag.

 

Im neuen Roman ist die Person, bei der alle Fäden zusammen kommen, keine Person. Sie ist das Haus. Das Haus, das Ende des 19. Jahrhunderts im Berliner Wedding gebaut wurde, hat schon so einige Bewohner kommen und gehen sehen. Und es erinnert sich an viele.

 

Die Hauptgeschichte spielt in der Gegenwart, aber auch die handelnden Personen erinnern sich häufig an ihre Vergangenheit. So ist da zum Beispiel Leo, der mit seiner Enkelin aus Israel nach Berlin gereist ist, obwohl er sich vor 70 Jahren geschworen hatte, nie wieder deutschen Boden zu betreten. Und doch steht er jetzt vor dem alten Haus, in dem er sich mit seinem Freund Manfred als "U-Boot" vor den Nazis versteckt hat.

 

Laila wohnt noch nicht so lange im Haus, sie ist mit ihren Eltern aus Osteuropa schließlich wieder nach Deutschland gezogen. Doch auch sie hat deutsche Wurzeln und ahnt nicht, dass bereits ihre Vorfahren in dem selben Haus gelebt haben. Im Laufe des Buches erfährt Laila immer mehr von der Geschichte ihrer Familie, die als Sinti und Roma ebenfalls von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Außerdem kümmert sie sich um die anderen Sinti und Roma im Haus, die oft sprachlichen und kulturellen Barrieren gegenüberstehen.

 

Und dann ist da noch Gertrud. Sie hat ihr ganzes Leben in diesem einen Haus verbracht, und das waren jetzt schon einige Jahre. Sie hat schon so einige Veränderungen in Bezug auf Haus und Bewohner miterlebt. Während des Krieges hat sie Leo und Manfred manchmal ihre Wohnung als Unterschlupf zur Verfügung gestellt - bis Manfred genau dort schließlich verhaftet wurde.

 

Regina Scheer gelingt es, verschiedenste Geschichten verschiedenster Menschen und verschiedenster Zeiten in einem Buch zu vereinen. Nicht nur über deutsche Geschichte und Gegenwart erfährt der Leser, sondern auch über die Vergangenheit anderer Länder und Völker. Ein wichtiges Thema, das im Roman behandelt wird, ist etwa der Umgang mit den Verbrechen des Zweiten Weltkrieges und deren Folgen in den beiden deutschen Staaten. Und auch die Geschichte und Gegenwart der Sinti und Roma in Deutschland findet Beachtung.

 

"Gott wohnt im Wedding" ist ein sprachlich feiner, politisch und gesellschaftlich kluger und informierender Roman, der aber nie den Anspruch hat, den Leser zu belehren.

 

Übrigens: am 4. Juni wird Regina Scheer ihren neuen Roman im BlueNote vorstellen. Karten für die Veranstaltung gibt es unter 0541/3508810.

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