Dirk Kurbjuweit: "Haarmann"

Hannover, Anfang der 1920er Jahre.

 

Kurz nach dem Ersten Weltkrieg verschwinden Jungs. Schüler, Lehrlinge, Arbeitslose, Arme und Reiche. 27 werden es am Ende sein.

 

Polizist Robert Lahnstein ist aus Bochum nach Hannover gekommen, um die stockenden Ermittlungen seines Kollegen Müller ans Laufen zu bringen. Doch regelmäßig sitzen auch vor ihm Eltern, die ihren Sohn vermisst melden müssen.

 

Denn Lahnstein stochert im Dunkeln. Hin und her gerissen, ob er einen neuen Vermisstenfall oder vielleicht sogar eine Leiche herbeisehnen oder fürchten soll, wandert er durch die Straßen der Großstadt, immer auf der Suche nach verdächtigen Vorfällen.

 

Dann jedoch hört er die Gerüchte. Ein Kleider- und Fleischhändler soll  Menschenfleisch verkaufen. Außerdem sollen auffällig viele Jungs in seine Wohnung reingegangen sein, doch nur wenige wieder heraus. Gegen den Spott seiner Kollegen geht Lahnstein der Sache auf den Grund - und deckt so eine der spektakulärsten Mordserien in der deutschen Geschichte auf.

 

Der Schriftsteller Dirk Kurbjuweit ("Angst") hat die Geschichte des Massenmörders Fritz Haarmann in einen literarischen Text verwandelt. In "Haarmann" beschreibt er aber mehr als die Lösung des Falles und den anschließenden Gerichtsprozess, denn auch die gesellschaftliche  und politische Situation im Deutschland zwischen den Kriegen findet ihren Platz.

 

So hat Kriminalkommissar Lahnstein nicht nur mit dem Mörder zu kämpfen, sondern auch mit traumatischen Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg und mit persönlichen Verlusten. Politisch streiten sich Monarchisten mit Demokraten, die Nationalsozialisten machen mit ihrem Putschversuch von sich reden und alle verabscheuen die Kommunisten. Diese verschiedenen Strömungen sorgen auch innerpolizeilich für Schwierigkeiten.

 

Gerade durch diese Mehrschichtigkeit ist Dirk Kurbjuweit ein spannendes Buch gelungen, eher ein Roman als ein Krimi, ein faszinierendes Abbild deutscher Geschichte. Und auch wenn die Geschichte bekannt ist, zieht der Roman in seinen Bann.

 

 

Tipp: Am 31. August wird Dirk Kurbjuweit seinen neuen Roman im Rahmen der LITTERA-Reihe im BlueNote in Osnabrück vorstellen.

 

 

Für diejenigen, die nach der Leküre des Romans noch nicht genug haben, eignet sich übrigens hervorragend "Haarmann. Die Geschichte eines Werwolfs" des Philosophen Theodor Lessing. Unter anderem auf diesen zeitgenössischen Prozessbericht stützte Kurbjuweit seine Recherchen für den Roman.

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