Martin Kordic: "Jahre mit Martha"

In Ludwigshafen lebt Jimmy mit seinen Eltern und den beiden Geschwistern in einer Zwei-Zimmer-Wohnung. Die Eltern sind aus Bosnien-Herzegowina eingewandert und schwelgen regelmäßig in Erinnerungen an das Heimatland.

 

Der Vater ist Bauarbeiter und unter der Woche meist auf Montage, die Mutter putzt. Auf einem Fest lernt er Martha Gruber kennen, eine Universitätsprofessorin aus Heidelberg.

 

Jimmy, der eigentlich gar nicht Jimmy heißt sondern Zeljko, ist sofort von Martha fasziniert. Und sie von ihm. Sie verschafft ihm kleine Jobs in ihrem Garten und nimmt ihn mit ins Theater. Durch Martha erhält Jimmy Zutritt zu einer Welt, die ihm ansonsten verborgen geblieben wäre.

 

Sein ernormer Bildungswille zeigt sich etwa darin, dass er alte Zeitungen sammelt, liest und die Begriffe, die ihm fremd sind, in Wörterbüchern nachschlägt. Er möchte mehr erreichen als seine Eltern, arbeitet schon früh an seinem sozialen Aufstieg.

 

Eine Verbindung zwischen den beiden bleibt über die Jahre erhalten. Auch als Jimmy längst studiert und Martha älter wird, reißt sie nicht ab. Manchmal telefonieren sie, manchmal schreiben sie sich, manchmal haben sie jahrelang keinen Kontakt.

 

Als schließlich Jimmys Großvater in der Herzegowina stirbt, nimmt er Martha mit dorthin. Per Auto reisen sie durch Europa. Als Martha Spuren des Krieges sieht, die noch immer allgegenwärtig sind, muss sie sich übergeben. Zu groß ist der Schock, zu nah dieser Krieg, der so wenig mit ihr und so viel mit Jimmy zu tun haben scheint.

 

"Jahre mit Martha" ist die wunderschöne, vorsichtige, leise Geschichte einer Liebe, die so einfach ist und doch so kompliziert. Es ist aber mehr als das. Es ist ein Roman, der einmal mehr zeigt, wie fremd sich Kinder zugewanderter Eltern fühlen können, welche Steine ihnen manchmal auch noch nach Jahren in den Weg gelegt werden. Und es ist die Geschichte eines Krieges und eines zerrissenen Landes, das sich noch heute sortiert und seine Wunden zu heilen versucht.

 

 

Verfasst von: EJ

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